Der Wiener Bäderzug ist nicht so vornehm wie die Bäderzüge anderer Großstädte. Er repräsentiert eine Garnitur humpeliger Waggons, die keinerlei Anspruch auf Eleganz machen.
Neue Freie Presse am 9. August 1924
Der Wiener Bäderzug ist nicht so vornehm wie die Bäderzüge anderer Großstädte. Er fährt nicht an die Ostsee, an keine exklusive Seaside, an keine hypermoderne, hyperschicke Plage. Er besteht nicht aus weichgepolsterten Pullman-Waggons und vergeblich würde man an seiner Front die verlockende Aufschrift „Dining Car“ suchen. Nein, der Wiener Bäderzug repräsentiert eine Garnitur humpeliger Waggons, die keinerlei Anspruch auf Eleganz machen und auch seine Schnelligkeit ist nicht übertrieben, denn er fährt ja bloß nach Kahlenbergerdorf, Klosterneuburg, Kritzendorf und Greifenstein. Und trotzdem führt er Passagiere, die es an Schönheit, Schick, Temperament und Lebenslust getrost mit den mondainen und mehr noch mit den mondain sein wollenden Damen aufnehmen können, die, in weiche Kissen geschmiegt, ein wenig blasiert und gelangweilt, den Raffinements von Deauville entgegenfahren.
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