Beate Meinl-Reisinger eröffnete bei Bergpanorama und Wespen-Attacken den heurigen Reigen der ORF-Sommergespräche – und ließ keinen Zweifel am pinken Wahlziel: einer Regierungsbeteiligung. Bei der Integration müsse man „mehr verlangen“, von einem Prestigeprojekt rückte sie ab.
Wien. Im politmedialen Gefüge mag in den vergangenen Jahren allerhand durcheinandergeraten oder neu erfunden worden sein, eine Tradition allerdings steht felsenfest da: Wenn die ORF-Sommergespräche im August beginnen, endet die innenpolitische Sommerruhe. Dieses Jahr ist das von doppelter Bedeutung, denn der schon vor Monaten angelaufene (Vor-)Wahlkampf tritt nun in eine Intensivphase über. Beate Meinl-Reisinger war zum mittlerweile siebenten Mal ins Sommergespräch geladen, öfter als sie saß kein anderer aktiver Parteichef dort.
„Die brauchen uns für Reformen“
Und nach knapp sieben Jahren mit Meinl-Reisinger an der Spitze stehen die Neos heuer an einem Wendepunkt. Zwölf Jahre nach der Gründung stellt sich nämlich die Frage, ob man erstmals auf Bundesebene regiert – oder weiterhin in Opposition bleiben muss. Und Meinl-Reisinger ließ im Sommergespräch keinen Zweifel daran, welche Variante sie nach knapp sieben Jahren als Chefin einer Oppositionspartei bevorzugt: „Ich habe richtig Lust und bin bereit, Verantwortung zu übernehmen“, sagte sie. Dass die derzeit wohl einzig wahrscheinliche Variante eine Koalition mit SPÖ und ÖVP wäre – also just jene Parteien, zu denen die Neos mit ihrer Gründung eine Alternative sein wollten –, stört sie nicht. Die pinke Wahlkampflinie dahingehend: Die Neos wären gerne eine Art Antreiber der beiden vergleichsweise übermächtigen Parteien in einer gemeinsamen Regierung. „Natürlich ist das nicht leicht mit diesen Parteien, die nur an Macht interessiert sind“, sagte sie, ÖVP und SPÖ seien „ausgebrannt“. Nachsatz: „Aber die brauchen uns für Reformen“, andernfalls hätten sie nicht die Energie dazu.
Dementsprechend ritt Meinl-Reisinger auch weniger Attacken gegen SPÖ und ÖVP, als man es von ihr schon erlebt hat. Angriffslustiger schienen mitunter die Wespen beim Freiluft-Interview am Traunsee: „Liebe Zuschauer“, erklärte die Neos-Chefin, „hier sind ganz viele Wespen, wie überall in Österreich“. Wenn sie also mit den Armen fuchtle, „dann sind es die Wespen“.
Wenig konkrete Spar-Tipps
Ansonsten hörte man viel Bekanntes: Die Steuern müssten runter, der Staat solle „ausgabenseitig“ sparen, Schulden und Lohnkosten müssten reduziert und das Pensionssystem reformiert werden. Wo genau Meinl-Reisinger im „System“ einzusparen gedenkt, das kam im Gespräch allerdings selten heraus. Nur so viel: Bei den Pensionen bewarb sie die Neos-Ideen einer stärkeren Einbeziehung des Kapitalmarktes sowie eines flexiblen – und damit oft späteren – Pensionsantritts. 45 Jahre seien „genug“, sagte sie; auf die komme aber längst nicht jeder. Und: Angesichts des großen Spardrucks würde sie auf das erst heuer von ihr selbst präsentierte Modell eines „Chancenkontos“, bei dem alle 18-Jährigen Geld für Zukunftsinvestitionen bekommen sollen, vorerst verzichten. Es wäre „nicht die erste Maßnahme“ in einer Regierung, so Meinl-Reisinger. Erst brauche man „eine Ausgabenbremse“.
Einen Vorgeschmack darauf, dass Regierungsarbeit mitunter schwerer zu kommunizieren als zu kritisieren ist, lieferte bereits das Sommergespräch – nämlich aufgrund der pinken Regierungsbeteiligung in Wien. Immer wieder hielt ihr ORF-Moderator Martin Thür vor, dass etwa im Neos-Kernbereich Bildung in der Bundeshauptstadt vieles schieflaufe – auch ob der vergleichsweise hohen Asylzahlen. Meinl-Reisinger zeigte dabei einmal mehr, dass die Pinken in puncto Migration eine härtere Linie zu fahren versuchen: „Wir müssen beim Thema Integration mehr verlangen“, sagte sie, Zuwanderer müssten „unsere Werte respektieren, unsere Sprache sprechen und so rasch wie möglich arbeiten und Steuern zahlen“. Sie forderte in den Schulen zusätzlich zum Religionsunterricht ein Fach für Demokratiebildung; bei der Sozialhilfe sprach sie sich für Änderungen aus. Die vergleichsweise hohen Sozialleistungen Wiens seien schließlich „auch ein Pull-Faktor“ für Flüchtlinge.
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